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Ist Coden Voraussetzung, um an der Gesellschaft von morgen teilzuhaben?

Foto: Hacker School

Wenn es um digitale Bildung geht, beobachtet Dr. Holger Krimmer, Geschäftsführer von ZiviZ im Stifterverband, dass die Debatte sich zu oft um die Verteilung technischer Ausstattung dreht. Mindestens genauso wichtig ist nach seiner Erfahrung, dass digitale Tools richtig eingesetzt werden und junge Menschen erleben, wie sie mit digitaler Kompetenz etwas bewirken können.

Dr. Holger Krimmer

Geschäftsführer der ZiviZ im Stifterverband
(Foto: digital.engagiert )

Hr. Krimmer, wir haben uns als Gesellschaft in den letzten Monaten daran gewöhnt, dass wir online lernen, einkaufen und die Oma treffen. Reicht das nicht? Müssen wir auch die Systeme dahinter verstehen? 

Digital zusammenarbeiten, politisch dabei sein oder schlicht den Alltag organisieren – all das fordert in Zukunft mehr IT-Kompetenz, und zwar von jeder und jedem. Nicht nur Technik bedienen, sondern insbesondere sie mitgestalten zu können, ist in Zukunft das, was mündige Bürgerinnen und Bürger ausmacht. Damit werden gleiche Chancen in der digitalen Bildung auch zu einer Frage der Demokratie. Zudem kann sich Deutschland als Wirtschaftsstandort nicht leisten, dass digitale Talente nur aus einem Teil der Gesellschaft kommen. 

Wie steht es denn aktuell um die Chancengleichheit, was digitales Know-how angeht?

Aktuell ist das digitale Know-How in Deutschland nicht gerecht verteilt. Angefangen beim Basiswissen: Benachteiligte Kinder und Jugendliche hatten schon vor Corona weniger Zugänge zu digitaler Bildung. Das hat sich verschärft. Wenn wir auf die tiefere Expertise schauen, wird die Lücke noch klarer: Entwickler, Designer, Datenanalyst – sechs von sieben IT-Fachkräften, die sich bewerben, sind laut dem Branchenverband BITKOM männlich und in der Regel Akademiker.

Mit der Initiative digital.engagiert unterstützt der Stifterverband Projekte, die u.a. junge Menschen in ihrer Digitalkompetenz stärken (Foto:  digital.engagiert)

In unseren Initiativen sehen wir, dass Kinder sich beim Programmieren neu entdecken. Sie erleben, wie sie eigene Ideen zum Leben erwecken können. In Zukunft wird Code verstehen in vielen Bereichen immer wichtiger. Der Einsatz für die Gesellschaft ist dabei bei unserer Förderinitiative digital.engagiert zentral. Das Engagement aus der Zivilgesellschaft ist in diesem Bereich nicht nur beeindruckend, sondern auch essentiell, um Chancengleichheit zumindest ansatzweise zu schaffen.

Was macht die Initiative digital.engagiert?

Digital.engagiert ist ein Accelerator-Programm für Projekte, die sich mit digitalen Ansätzen für unsere Gesellschaft engagieren. Die Vielfalt der Projekte reicht 2021 von einer Plattform für politische Teilhabe im Netz über eine App für sexuelle Aufklärung bis zu Programmierkursen für Mädchen. All das stärkt Kompetenz und Selbstvertrauen im digitalen Raum. 

Wenn Coden eine Basiskompetenz ist, wie schaffen wir es, diese möglichst vielen Menschen zugänglich zu machen? Ist Chancengleichheit ein realistisches Ziel?

Digitale Kompetenz hat drei Seiten: die Ausrüstung (Toolset) – hieran arbeiten Schulen und Politik; die fachliche Kompetenz (Skillset) – dafür gibt es Kursanbieter; und die Offenheit (Mindset) und das Selbstvertrauen der Nutzerinnen und Nutzer im Umgang mit den technischen Möglichkeiten. Chancengleichheit wird immer eine Maxime bleiben, die nur annäherungsweise einzulösen ist. Gerade daher wird sie als Forderung auch nie an Aktualität einbüßen. Ansätze, die Chancengleichheit im digitalen Empowerment und Zugang ermöglichen wollen, müssen auf allen drei Ebenen ansetzen: Ausstattung, Lernangebote und die Chance auf Selbstwirksamkeitserfahrungen, die Aufbau von Selbstbewusstsein ermöglichen. 

Mit unserer Initiative wollen wir auch positive Erlebnisse mit Programmiersprachen schaffen für die, die bisher wenig Chancen haben, Innovationen zu gestalten, zum Beispiel weil sie aus benachteiligten Familien kommen, oder weil sie Frauen sind. Dazu arbeiten wir mit Partnern wie Amazon zusammen, mit denen wir gemeinsam in eine diverse und digital teilhabegerechte Gesellschaft investieren. Diese Zusammenarbeit bringt unsere Überzeugung zum Ausdruck, dass Erfolge bei dieser gesellschaftlichen Herausforderung nur möglich sind, wenn Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft eine starke Verantwortungspartnerschaft bilden. 

Sie möchten mehr erfahren?

Weitere Informationen finden Sie unter digitalengagiert.de.

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